Termine, E-Mails, To-Do-Listen, Weltgeschehen… Das Leben ist unglaublich schnell geworden. Während wir von einer Aufgabe zur nächsten hetzen, merken wir manchmal gar nicht, wie sich Stress schleichend als ständiger Begleiter etabliert. Häufig erkennen wir seine Präsenz erst, wenn wir bereits sichtlich erschöpft und nahezu ausgebrannt sind. Die Gründe sind vielfältig und tief in unserer Arbeitskultur und persönlichen Einstellungen verwurzelt. In diesem Beitrag gehe ich den Ursachen auf den Grund und zeige Lösungen auf, wie du ein bewussteres Verhältnis zu Stress und deinem eigenen Wohlbefinden fördern und Stress rechtzeitig erkennen kannst.
Inhalt
In meinen ersten Jahren als Zeitungsredakteurin habe ich zwei Dinge verloren: Freunde und meine Gesundheit. Der Grund? Überstunden. Weil viel zu tun war – und weil ich auch dann brav an meinem Schreibtisch sitzen geblieben bin, wenn ich meine Aufgaben für den Tag längst erledigt hatte. Einfach gehen, wenn „man“ fertig ist, hätte geheißen, das Team im Stich zu lassen. Eine unausgesprochene Regel in Kommunikation, PR und vermutlich auch vielen anderen Branchen, die mich durch nahezu alle meine beruflichen Stationen begleitet hat. In den Feierabend gehen, während andere noch arbeiten, hatte missbilligende Blicke und Getuschel hinter dem Rücken zur Konsequenz: wenig Engagement, keine Teamplayerin, Faulheit… All das wollte ich mir natürlich nicht nachsagen lassen. Also blieb ich – auch, wenn meine Aufgaben für den Tag längst erledigt waren.
Die schleichende Akzeptanz von Stress
Wer am meisten Stress hat, hat auch am meisten Erfolg. Wer Überstunden macht, lange im Büro bleibt, jede neue Aufgabe dankend übernimmt – trotz voller To-Do-Liste – ist fleißig und engagiert. Irgendwie ist es schon normal geworden, beim Abendessen mit Freunden eine Art Wettbewerb zu veranstalten: Wer hat am meisten Stress? Wer hat es am schwersten? Wer ist am überlastetsten? Stress wird oft als notwendiges Übel auf dem Weg zum Erfolg gesehen – und ein langer Arbeitstag als Zeichen von Engagement und Fleiß missinterpretiert. Was tatsächlich passiert, ist, dass diese „Normalität“ unsere Gesundheit untergräbt – und uns an den Rand zu oder ins Burnout führt, wenn wir nicht frühzeitig die Pause-Taste drücken.
Die stummen Symptome von Stress
Unser Körper sendet uns ständig Signale, doch im Trubel des Alltags überhören wir sie oft. Ein leichter Kopfschmerz, ein Zuckendes Augenlid, extreme Müdigkeit oder ein Gefühl der Unruhe – die Symptome von Stress können subtil sein. Und das macht sie so gefährlich: Denn bis wir die Alarmsignale unseres Körpers bewusst spüren und einordnen, statt sie zu ignorieren, ist oft schon viel Zeit verstrichen. Wir erkennen Stress zu spät – und er hat dann möglicherweise schon Spuren hinterlassen und wir befinden uns kurz vor einem Erschöpfungszustand. Doch wie kannst du Warnsignale früher erkennen und dem Körper die nötige Aufmerksamkeit schenken, bevor der Stress überhandnimmt?
#1: Zeit nehmen: Ein Check-in mit dem Körper
Tatsächlich ist es am wichtigsten, dass du dir Zeit nimmt, um Stress frühzeitig zu erkennen – genau das also, wovon du in stressigen Situationen vermutlich glaubst, zu wenig zu haben. Ein paar Minuten morgen und abends können schon ausrechen. Ich mache meist ein kleines Check-in mit meinem Körper und spüre in mich hinein:
Wie fühle ich mich heute?
Bemerke ich irgendwo Spannungen oder Unbehagen?
Habe ich im Laufe des Tages gemerkt, dass mein Augenlid mal wieder zuckt?
Diese Fragen helfen mir, ein tieferes Bewusstsein für meinen physischen und emotionalen Zustand zu entwickeln.
Wenn ich bemerke, dass es meinem Körper nicht gut geht, weiß ich, dass ich mehr Pausen einplanen muss – und/oder etwas tun muss, das mich entspannt, mich auf andere Gedanken bringt oder meinem Gehirn eine Pause ermöglicht. Wenn du einige Tipps benötigst: 62 Dinge, die Stress abbauen helfen, habe ich hier zusammengefasst.
Auch eine regelmäßige Achtsamkeitspraxis und Meditation können helfen, deine innere Wahrnehmung zu schärfen und dich dabei unterstützen, Stresssymptome frühzeitig zu erkennen und anzugehen. Wenn es dir schwerfällt, lange zu meditieren: Ein paarmal am Tag für eine Minute bewusst innezuhalten kann schon helfen. Und natürlich kann dir und deinem Körper auch eine Klangmassage helfen, mal so richtig abzuschalten.
Wenn du also achtsam mit deinem Körper und Geist umgehst, kannst du Stress-Signale frühzeitig identifizieren und angemessen reagieren.
#2: Muster erkennen: Die Angst vor dem Innehalten
Die Befürchtung und unsere eigene Überzeugung, als faul oder wenig engagiert zu gelten, kann uns davon abhalten, notwendige Pausen zu machen. Ich selbst habe mir über die Jahre ein ziemlich dickes Fell angelegt. Meine Kolleg:innen wissen, dass sie sich jederzeit auf mich verlassen können – aber auch, dass ich recht strikt mit meinen Pausenzeiten bin und bspw. für die Mittagszeit keine Meetingeinladungen annehmen. Hier ist es in jeder Hinsicht wichtig, Grenzen zu setzen. Ein Resilienz-Training kann dabei eine wertvolle Unterstützung sein. Denn wenn du lernst Grenzen zu setzen, für dich einzustehen und deine Resilienz förderst, kannst du ein gesünderes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Erholung finden.
Durch die Kombination von Selbstbewusstsein, unterstützenden Praktiken und einer offenen Kommunikation kannst du lernen, die Warnsignale deines Körpers früher zu erkennen und proaktive Schritte zu unternehmen, die dein allgemeines Wohlbefinden fördern.
#3: Schritt für Schritt: Wir müssen über Stress sprechen
Ich finde es wichtig, dass wir mehr über Stress sprechen und darüber, wie ungesund und gar gefährlich unsere Hustle-Kultur ist. Wusstest du zum Beispiel, dass das menschliche Gehirn nach einem Burn-out nie wieder Hundert Prozent leistungsfähig ist? Sowohl im persönliche als auch beruflichen Umfeld ist es entscheidend, eine offene Kommunikation über Stress und seine Auswirkungen zu fördern – und kann dir auch persönlich helfen: Wenn du dich in einer unterstützenden Umgebung befindest, die es fördert Stresserlebnissen zu teilen und Grenzen zu setzen, kannst du besser und ohne schlechtes Gewissen auf die Hilferufe deines Körpers reagieren. Und überhaupt muss es in Ordnung sein offen darüber zu sprechen, wenn du nicht mehr kannst. Du bist schließlich keine Maschine.
Auf dem Weg zu einer harmonischen Arbeitskultur
Ein Umdenken sowohl in Unternehmen als auch im individuellen Verhalten ist der Schlüssel zu einer harmonischen Arbeitskultur. Wir selbst müssen lernen, ohne schlechtes Gewissen für uns einzustehen, wenn unser Körper uns daran erinnert, dass es längst Zeit für eine Pause ist. Aber auch Unternehmen sind gefragt, Achtsamkeit, Resilienz und einen gesunden Umgang mit Stress zu fördern. Dann können wir gemeinsam eine Kultur schaffen, die das Wohlbefinden von Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellt.